Projekte
Niederlande

Noorderparkbad

STANDORT
Amsterdam, Niederlande
ARCHITEKT
de Architekten Cie. b.v.
JAHR
2016
PRODUKTE
Chroma

Noorderparkbad

Architektur aus einem Guss

In Amsterdam kommen die Himmelsrichtungen häufig in den Namen von Vierteln, Parks und Schwimmbädern vor. Schon als die Stadt kaum größer als ihr historischer Kern und die Grachten darum war, gab es bereits vier Kirchen, die nach den Himmelsrichtungen benannt waren. Es überrascht also nicht, dass der Teil von Amsterdam auf der „anderen“ Seite des Flusses IJ auch heute Amsterdam Noord heißt – und einer der Parks dort Noorderpark.

In diesem Park wurde ein neuer Komplex mit Hallen- und Freibad gebaut. Entworfen hat ihn Branimir Medić, einer der Partner des Architektenbüros Cie. Und nach der unbestreitbaren Logik hinter allem trägt dieser Pool-Komplex den Namen des Parks, in dem er liegt: Noorderparkbad.

Der Name des Schwimmbads ist in die Klinkerfassade eingebettet: eine der zahlreichen Referenzen an den Expressionismus der Amsterdamer Schule der 1910er- und 1920er-Jahre, die Medić in seine Entwürfe einfließen lässt. Architekten der Amsterdamer Schule wie Michel de Klerk und Piet Kramer verschrieben sich voll und ganz den fantastischsten Ziegelbauten und verwendeten manchmal denselben Trick, um den Namen des Gebäudes in das Mauerwerk zu schreiben.

Auch die sinnlichen Kurven der Schwimmhalle von Medić spielen auf die Amsterdamer Schule, einen der markantesten Architekturstile, die Amsterdam im modernen Zeitalter hervorgebracht hat, an. Wenn solche Anspielungen schon an sich für jedes neue Gebäude in der holländischen Hauptstadt angemessen wären, sind sie das umso mehr im Noorderpark, denn ihn umgeben gartenstadtähnliche Viertel, die alle im Stil der Amsterdamer Schule gebaut wurden.

Medić lebt und arbeitet seit über 25 Jahren in den Niederlanden und fühlt sich in der holländischen Architektur völlig zu Hause. Dennoch ist es ihm gelungen, eine erstaunlich frische Perspektive auf die gebaute Umwelt seiner Wahlheimat zu behalten. So kann er die Stadt und ihre Architektur auf eine Art sehen, die holländischen Architekten nur selten gelingt. Sein absolut einzigartiger Pool-Komplex ist der beste Beweis hierfür: stromlinienförmige Konturen aus Klinker und Glas werden teilweise durch elegante metallische ‚Regenvorhänge‘ verhüllt, die den Niederschlag auffangen. Bei diesem Projekt hat Medić das expressionistische Ideal des Gesamtkunstwerks, bei dem Außen und Innen ein umfassendes und einheitliches Ganzes bilden, neu interpretiert. Medićs konzeptioneller Ansatz zum Gebäude ist der eines großen, ausgehöhlten Objekts aus Tonerde, mit Ziegeln an der Außenseite und Keramik im Inneren.

Diese Totalität ist das Umfeld für ein Schwimmbad, das hauptsächlich ein Freizeitbad sein soll. Daher die Entscheidung von Medić, es als Bad für Entspannung und Erholung anstelle eines reinen Schwimmbads zu betrachten. Einige Bereiche haben niedrige Decken, zumindest im Vergleich zu herkömmlichen Standards für Schwimmbäder. Das gibt dem Komplex eine gemütliche Intimität und trägt nahezu beiläufig zu seiner Nachhaltigkeit bei. Durch die Reduzierung des Volumens wird der Energieverbrauch deutlich gesenkt – auf ein Niveau, mit dem das Gebäude, das seine eigene Energie zum Großteil durch Sonnenkollektoren auf dem Dach selbst erzeugt, zu einem fast energieneutralen Projekt wird.

Genau wie das Bauwerk von außen als einteiliges Objekt erscheint, wirkt auch sein Innenleben wie ein gut abgerundetes Gesamtwerk. Die Keramik von Agrob Buchtal, die im ganzen Gebäude zum Einsatz kam, passt farblich zu dem zarten Gelb der Außenklinker. Die Fliesen bedecken die Böden und Wände um den Beckenbereich und setzen sich in den Umkleiden, dem Eingangs- und Café-Bereich nahtlos fort. Das einzige Standardprodukt sind die weißen Fliesen in den Becken – alle anderen Keramikfliesen sind Sonderanfertigungen. Das Beckenkopfsystem Finnland wurde im gleichen Beige wie die 25 x 25 cm Fliesen im ganzen Gebäude gefertigt. Die beigen Fliesen besitzen ebenso wie die hellblauen einen Farbton, der speziell für dieses Projekt hergestellt wurde. Die Fliesen sind unglasiert, was den Räumen einen weichen und taktilen Charakter verleiht. Die ruhige Farbe der Keramik in diesem Schwimmbad wird durch die hellen Holzbalken der Dachkonstruktion ergänzt. Zusammen mit dem gefilterten Tageslicht entsteht eine bemerkenswert heimelige und warme Atmosphäre.

Die Oberflächen der hellen Fliesen wurden vom Künstler Hugo Kaagman mit blassblauen Mustern, Linien und dem Namen des Schwimmbads als Schriftzug ‚tätowiert‘. Dies lässt sich auf zweierlei Weise interpretieren. Einerseits kann es als eine weitere Anspielung auf die Amsterdamer Schule und das fast zwanghafte Bedürfnis ihrer Anhänger gewertet werden, jede verfügbare Oberfläche zu dekorieren. Andererseits ist kaum zu übersehen, wie sich die Dekoration der gebauten ‚Haut‘ in den tätowierten Körpern der Menschen wiederfindet, die am Pool entspannen. Es ist offensichtlich: Diese Architektur spricht sowohl diejenigen an, die die Amsterdamer Schule kennen, wie auch die Menschen, die einfach nur Schwimmen gehen möchten. Das spiegelt sich auch in den Preisen wider, mit denen dieses Projekt ausgezeichnet wurde. Es kommt selten vor, dass Experten und Laien gleicher Meinung sind, doch hier ist es so. 2016 erhielt das Noorderparkbad den Jury-Award und gewann die öffentliche Wahl für den Amsterdamer Architekturpreis A.A.P.

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Fotograf: Marcel van der Burg