Für die visuelle Erscheinung eines Gebäudes und dafür, wie nachhaltig es geplant wird, gilt: Architekten sind so gut, wie die Bauherrenschaft es zulässt. Dennoch müssen Büros in Zeiten der Bauwende ihren Handlungsspielraum neu ausloten. Das niederländische Architekturbüro MVRDV hat eigene Nachhaltigkeitskriterien entwickelt, die es in seinen Projekten umsetzt – und überzeugt immer wieder mit außergewöhnlichen Ergebnissen.
Die Projekte von MVRDV sind in ihrer Erscheinung sehr vielfältig. Was macht die Architektur von MVRDV aus?
Lennaart: Unser Ziel ist es, jedes Gebäude sinnvoll zu gestalten und ihm eine Bedeutung mitzugeben. Die Architektur kann eine außergewöhnliche Ausstrahlung haben. Sie kann sich aber auch durch ein einzigartiges Zusammenkommen von Nutzungen und Atmosphären definieren.
Nachhaltig bedeutet bei MVRDV also nicht nur, die richtigen Materialien einzusetzen, sondern durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Ort, der Nutzung und der Bauweise gleichermaßen die richtigen architektonischen Lösungen zu finden?
Lennaart: Genau. Indem man die Bedeutung der Gebäude über diesen Prozess glasklar definiert und auch darstellt, bekommen sie eine besondere Qualität und sind per se bereits nachhaltig. Jasmin: Es geht auch nicht mehr darum, um jeden Preis zu bauen. Man sieht heute ein, dass es das Nachhaltigste ist, nicht zu bauen und dafür den Bestand so umzunutzen und so aufzuwerten, dass er wieder einen klaren Platz hat. Ein Beispiel ist unser Expo-Pavillon in Hannover. Aber natürlich machen wir das auch in kleinerem Maßstab. Wir arbeiten sehr viel mit der Wiederverwertung von Materialien, forschen aber auch nach neuen Produkten.
Die Projekte von MVRDV sind in ihrer Erscheinung sehr vielfältig. Was macht die Architektur von MVRDV aus?
Lennaart: Unser Ziel ist es, jedes Gebäude sinnvoll zu gestalten und ihm eine Bedeutung mitzugeben. Die Architektur kann eine außergewöhnliche Ausstrahlung haben. Sie kann sich aber auch durch ein einzigartiges Zusammenkommen von Nutzungen und Atmosphären definieren.
Nachhaltig bedeutet bei MVRDV also nicht nur, die richtigen Materialien einzusetzen, sondern durch die intensive Auseinandersetzung mit dem Ort, der Nutzung und der Bauweise gleichermaßen die richtigen architektonischen Lösungen zu finden?
Lennaart: Genau. Indem man die Bedeutung der Gebäude über diesen Prozess glasklar definiert und auch darstellt, bekommen sie eine besondere Qualität und sind per se bereits nachhaltig. Jasmin: Es geht auch nicht mehr darum, um jeden Preis zu bauen. Man sieht heute ein, dass es das Nachhaltigste ist, nicht zu bauen und dafür den Bestand so umzunutzen und so aufzuwerten, dass er wieder einen klaren Platz hat. Ein Beispiel ist unser Expo-Pavillon in Hannover. Aber natürlich machen wir das auch in kleinerem Maßstab. Wir arbeiten sehr viel mit der Wiederverwertung von Materialien, forschen aber auch nach neuen Produkten.
Wie informiert sich MVRDV über neue Materialien und Entwicklungen?
Jasmin: Das projektübergreifende Research-Team MVRDV NEXT arbeitet permanent daran, nachhaltige Konstruktionsweisen und Materialien zu erforschen. Durch computergesteuerte Untersuchungen wird außerdem geprüft, wie diese im Bau eingesetzt werden können. Ein Beispiel: In München arbeiten wir gerade mit wiederverwerteten Ziegeln. Mit einem eigens geschriebenen Skript konnten die unterschiedlich ausfallenden Steine mit gestalterisch hohem Anspruch in das Fassadenbild eingeplant werden.
Inwiefern spielen Zertifizierungen bei der Planung eine Rolle?
Jasmin: Der Bauherr bringt in der Regel einen Wunsch nach – egal welcher – Zertifizierung mit. Das hat Marketinggründe. Interessant ist dabei, dass man das Gebäude damit berechenbar macht. Unsere Maßstäbe, die wir in allen Projekten anlegen, liegen in der Regel sogar über den Anforderungen von Zertifikaten.
Welche Maßstäbe sind das?
Jasmin: Wir nennen das unsere MVRDV-DNA. Diese besteht aus vier Grundsäulen. Das erste Ziel ist, möglichst viel Energie einzusparen und nachhaltig zu erzeugen. Die zweite Säule betrifft das gebundene CO2. Also, woher kommen die Materialien? Was verbauen wir? Verbauen wir es überhaupt oder versuchen wir es zu vermeiden? Die dritte Säule ist die Kreislaufwirtschaft. Das ist ein besonders wichtiges Thema und spielt in jedem Projekt eine Rolle. Die vierte Säule betrifft die Biodiversität und den klimapositiven Effekt, den unser Gebäude mit sich bringen soll. Eines unserer besonderen Merkmale sind daher Dachlandschaften. Diese werden nicht einfach extensiv begrünt, sondern da passiert auch immer etwas.
In welcher Projektphase entscheidet sich, ob ein Gebäude nachhaltig ist?
Jasmin: Die großen Stellschrauben sitzen im Entwurf ganz am Anfang. Und wenn man die Weichen da richtig stellt, dann gehen alle folgenden Schritte mit einher.
Euer Projektpartner für Ilot Queyries in Bordeaux oder Ascension Paysagère in Rennes war der Spezialist für Keramikfassaden, Agrob Buchtal. Warum fiel die Wahl auf diesen Hersteller?
Lennaart: Bereits in einer relativ frühen Projektphase hat Agrob Buchtal uns bei den Projekten unterstützt. So gab es beispielsweise schwierig lösbare dreidimensionale Ecken. Wir haben uns gefragt: Wie funktioniert das? Bekommt man das mit Keramik hin? Schon bei der Konzeption haben wir technischen Support erhalten und wir konnten schauen, ob die Anforderungen, die wir an die Gestaltung gesetzt hatten, umsetzbar sind.
Wurden die Keramikplatten alle vorproduziert oder wurde auch viel auf der Baustelle umgesetzt?
Lennaart: Das Gute an Keramik ist, dass man sie nicht hundertprozentig vorproduzieren muss. Man kann sie schneiden und auf Maß bringen, sodass man sich nicht scheuen muss, auch komplizierte Geometrien zu planen. Letzte Feinheiten können auf der Baustelle angepasst werden. Generell werden in der Planungsphase die Abmessungen der Platten natürlich abgestimmt und es wird geschaut, dass möglichst viel serienmäßig produziert werden kann.
Wie sind keramische Oberflächen generell hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit einzuordnen?
Lennaart: Hier haben wir so einen Fall, wo der Wiederverwendbarkeit eine bedeutende Rolle zukommt. Dieser Aspekt fließt ja nicht immer unbedingt voll in die Zertifizierungsbetrachtungen mit ein, aber ist für uns ein wichtiger Aspekt an dem Material.
Wird Keramik viel bei MVRDV eingesetzt?
Lennaart: Ich persönlich baue damit gerne, weil ich die Robustheit des Materials sehr schätze. Es ist natürlich nicht das einzige Material, mit dem wir arbeiten. Aber es kommen einfach keine Produkte aus unserer Sicht an die Langlebigkeit von Keramik heran. Wenn man in der Wüste im Irak anfängt zu graben, dann findet man fünftausend Jahre alte Keramikmaterialien und die sind ja immer noch da. Und das ist bei wenigen anderen Materialien gegeben.
Interview: May-Britt Frank-Grosse
Jasmin Dieterle-Proesel ist seit Januar 2022 als
Architektin und Projektmanagerin für MVRDV Berlin
tätig. Zuvor koordinierte sie über viele Jahre als Projektleiterin
zahlreiche Großprojekte im In- und Ausland.
Nachhaltigkeit steht im Fokus ihrer Arbeit. Sie
ist DGNB Consultant und LEED AP, mit einem speziellen
Fokus auf Circular Economy und Minimierung
des Carbon Footprints. Jasmin Dieterle-Proesel
absolvierte ihr Architekturstudium an der HTWG
Konstanz und am Royal College of Art in London.
Foto: Birgit Kaulfuss
Lennaart Sirag sammelte über 20 Jahre Berufserfahrung in den Niederlanden und in Deutschland. Im Laufe seiner
Karriere arbeitete er an einer Vielzahl von großen innerstädtischen Projekten mit gemischter Nutzung, vom ersten
Konzept bis zur endgültigen Realisierung. Dabei erwarb er profunde Kenntnisse in den Bereichen architektonischer
Entwurf, Generalplanung und technische Due Diligence. In seiner Position als Leiter des Berliner Büros von
MVRDV betreute Lennaart bis Februar 2023 Projekte im deutschsprachigen Raum in allen Phasen der Planung
und Realisierung.