Zeitgemäße Bäderarchitektur muss hohen Anforderungen gerecht werden. Sportbecken, Spa und privater Pool sollen komfortabel und sicher sein, nachhaltig im Unterhalt, leicht zu reinigen und dauerhaft hygienisch. Nicht weniger hoch ist der Anspruch an die Gestaltung. Wir haben Dipl.-Ing. Architektin Silvia Lederer, Schwimmbadexpertin und Projektberaterin bei Agrob Buchtal nach den Trends, Tücken und Temperamenten gefragt, die den Schwimmbadbau so spannend und herausfordernd machen. Überraschend offen, was die ehemalige Leistungsschwimmerin im Interview kundtut.
Frau Lederer, wie sollte man Planung und Konzeption eines Schwimmbades angehen?
So simpel es klingt. Die erste Frage ist, was das Bauvorhaben können muss, sprich wie das Gebäude genutzt und worauf es ausgelegt werden soll. Dabei macht es einen Unterschied, um welchen Typus es sich handelt. Schwimmbad ist eben nicht gleich Schwimmbad.
Können Sie das erläutern?
Um bei der komplexen Raumplanung, die mehrere Becken und Bereiche wie Therapie, Wellness, Foyer über Verkehrsflächen anbindet, keinen „Flickenteppich“ an Materialien zu verbauen, sind ganzheitliche Lösungen gefragt. Keramische Fliesen sind hier dank der Vielzahl an Formen, Formaten und Trittsicherheiten ein Geschenk.
Hat die Formensprache im Schwimmbadbau an Komplexität zugenommen?
Das kann man sagen. Pools sind längst nicht mehr nur rechteckige Schuhkartons und in Schwimmbädern muss nicht immer nur das klassische Format 12,5 x 25 cm eingesetzt werden.
Welche Tipps haben Sie aus Ihrem reichen Erfahrungsschatz?
Je nach Proportion und Verlegerichtung kann der Einsatz unterschiedlicher Rechteckformate Bereiche hervorheben. Ein richtungsloses quadratisches Format betont dagegen eher die Flächigkeit. Im Foyer eines öffentlichen Schwimmbades bieten sich eventuell XXL-Fliesen mit Kantenlängen über 60 cm an. Aber auch das andere Extrem ist gestalterisch spannend: Kleinformatiges Mosaik wirkt nicht nur edel und filigran, sondern schmiegt sich wie ein keramischer Maßanzug an Säulen, Sitzbänke, gerundete Beckenköpfe an. Genau das Richtige für Kreative.
Und die technischen Herausforderungen?
Zunächst ist da natürlich die Erstellung des Beckenkörpers aus Beton. Auf Grund der Schwindung ist unbedingt eine Ruhephase einzuplanen. Bei einem Schwimmbecken sprechen wir hier von mindestens sechs Monaten. Weitere zwei Wochen während der Dichtheitsprobe. Handelt es sich um ein Freibecken ist eine Einhausung nötig, damit der Beton bei heißem Wetter keine Haut bildet, die den Verbund mit der Fliese beeinträchtigen könnte. Statisch gesehen ist das Becken als eigener Baukörper zu behandeln, da dieser im leeren bzw. mit Wasser gefüllten Zustand anders arbeitet als das Restgebäude. Ansonsten ist natürlich eine fachgerechte Abdichtung wichtig, insbesondere im Bereich des Beckenkopfes wegen der so genannten Kapillarwirkung. Eine Wasseranalyse gibt schließlich vor, ob die Verlegung und Verfugung der Keramikfliesen mit mineralisch-zementären oder speziell vergüteten Materialien zu erfolgen hat. Nach diesen technisch-funktionalen Pflichten folgt dann die gestalterische „Kür“, sprich die Auswahl der Farben, Formate und Trittsicherheiten der Fliesen für die einzelnen Bereiche.
Hört sich ziemlich kompliziert an.
Ach woher, das täuscht: Erstens handelt es sich bei den konstruktiven Aspekten um übliche Grundprinzipien der Bauphysik, zweitens macht der gestalterische Part riesigen Spaß und drittens unterstützen wir die professionellen Bauschaffenden durch umfassende Beratungs- und Serviceleistungen, damit aus entsprechenden Visionen und Vorstellungen gebaute Realität wird. Vom Selbstverständnis her sehen wir uns daher als Problemlöser, Ratgeber, Inspirationsquelle für Architekt:innen beziehungsweise Handwerker:innen.
Welche Rolle kann und sollte die Farbe spielen?
Mit keramischen Fliesen kann in einem Becken oder Raum, von kristallinem Weiß über frisches Blau oder karibisches Türkis, jede Stimmung erschaffen weden: bis hin zu dunklem Blau mit mystischer Tiefe. Ein expliziter Vorteil der Keramikfliese ist, dass ungewollte Farbveränderungen wie Ausbleichen oder Nachdunkeln selbst bei intensiver Sonneneinstrahlung oder Beleuchtung dank absoluter Farb- und Lichtechtheit kein Thema sind.
Das klingt nach Badespaß.
Ja, aber was manchmal vergessen wird: Das Licht wird unter Wasser gebrochen. Dieser physikalische Effekt kann ungewollte Effekte verursachen.
Haben Sie ein Beispiel?
Denken Sie an ein gelbes Becken. Im oberen Bereich kann die Farbe Gelb exotisch-attraktiv wirken. Mit zunehmender Wassertiefe driftet die Farbe allerdings schnell ins Grünliche ab und entwickelt sich in die Tiefe immer mehr zu einem ungepflegt wirkenden Algen-Look.
Wäre man mit einem Metallbecken da auf der sicheren Seite?
Ganz im Gegenteil. Becken aus Metall sind optisch eintönig. Eine Studie der VAMED AG, Wien hat belegt, dass sich Badegäste in einem keramischen Becken länger aufhalten als zum Beispiel in einem Pool aus Metall. Dies hat ganz klar mit dem Wohlfühlfaktor zu tun. Genauso wie das folgende Beispiel aus dem Turm- und Kunstspringen: Ein gefliestes Becken vermittelt Klarheit, Reinheit, Transparenz und Tiefe. Man taucht gerne in die Farbe hinein, weil so eine Wasserfläche Sicherheit vermittelt. Becken aus Metall dagegen können wie ein Spiegel wirken, der erst „durchbrochen“ werden muss. Das führt dazu, dass Leistungssportler unsauberer springen.
Metallbecken haben den Ruf, preisgünstig zu sein. Stimmen Sie dem zu?
Kosten lassen sich leider nie pauschal betrachten. Letztlich kommt es auf die jeweiligen Einzelumstände und den individuellen Anspruch an. Sobald es um freie Formen oder differenzierte, dauerhafte Farbigkeit geht, sind keramische Becken die richtige Wahl. Gleiches gilt für Thermalwässer, die salz-, schwefel-, ozon- oder mineralienhaltig sein können. Dafür sind dann gegebenenfalls teure metallische Speziallegierungen erforderlich. Hier kann ein gefliestes Betonbecken preiswerter sein. Wenn Sie dann nicht nur auf die Anschaffungs- sondern auch auf die Unterhaltskosten schauen, schneidet ein Metallbecken ganz sicher schlechter ab. Mein norwegischer Kollege hat mir von einem interessanten Beispiel erzählt: Beim „Aquarama“ in Kristiansand haben die Betreiber einen Betrachtungs-Horizont von 60 Jahren in der Planung angesetzt und sich dann aus wirtschaftlichen, technischen und optisch-konzeptionellen Gründen für ein gefliestes Becken entschieden.
Und wie steht es um die Themen Energie und Nachhaltigkeit?
Gut dass Sie fragen. Nehmen wir die „Bamberger Rinne“, ein Beckenrandsystem, das zum ersten Mal im „Bambados“ in Bamberg/Deutschland verbaut wurde. Diese Lösung spart dank ihrer ausgeklügelten Formgebung Energie: durch Reduzierung des verdunstenden Wassermassenstroms. Zudem ermöglicht die Rinne einen besonders weichen, leisen Wassereinlauf. Dieser akustische Effekt ist übrigens in öffentlichen Schwimmhallen oder Schul- und Therapiebädern sehr willkommen.
Gesund leben. Man sagt, das gehört auch zur DNA der natürlichen Keramikfliese…
Da möchte ich besonders auf unsere „Hytect“-Technologie hinweisen. Dabei handelt es sich um eine innovative werkseitige Veredelung, deren Effekte durch Lichteinfall aktiviert werden. Sie bauen Luftschadstoffe oder störende Gerüche ab, zum Beispiel in Umkleiden, Duschen oder Toiletten. Mit Hytect versehene Keramikfliesen sind extrem pflegeleicht, weil Wasser einen dünnen Film bildet, der Verschmutzungen unterspült. Sie wirken also antibakteriell, ohne jede Chemie. Vorzüge, die in Schwimmbädern, Saunen, Wellnessoasen, voll zum Tragen kommen. Eine nachhaltigere Verbindung als die von Schwimmbädern und Keramikfliesen kann ich mir in puncto Ästhetik, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit gar nicht vorstellen.
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