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ARCHITEKTUR UND PANDEMIE

Mit einer resilienten, intelligenten Architektur für die Zukunft gerüstet

Die Corona-Pandemie zeigt einmal mehr, dass die Zeit reif ist für eine neue Art der Architektur. Eine Architektur, die über leistungsfähige Materialien mit intelligenten Oberflächen verfügt und die vor allem zwischen Gegensätzen vermittelt und Spielräume schafft statt abzugrenzen. Wesentlich hierfür sind Grundrissformen, die flexibel auf den gesellschaftlichen Wandel reagieren können.

Text: Roland Pawlitschko

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Seit nunmehr gut einem Jahr dominieren Viren, Superspreader-Events und Inzidenzzahlen den Nachrichtenalltag. Nicht auf den ersten Blick klar dabei ist, dass es sich bei der aktuellen Pandemie um eine in hohem Maße architekturrelevante Krise handelt: Wie viele Menschen dürfen sich auf welcher Fläche aufhalten? Wie verändert der Lockdown die menschliche Psyche, wenn sie ihre Wohnungen nur noch aus triftigem Grund verlassen dürfen und wenn sie dort zudem arbeiten, ihre Kinder betreuen und Angehörigen pflegen? Wie können Theater, Schulen und Schwimmbäder trotz Virusgefahr geöffnet bleiben? All diese Fragen sind eng verknüpft mit dem Status quo unserer gebauten Umwelt. Hinzu kommen Überlegungen zu pandemietauglichen Neubauten. Wie sehen Grundrisse und Innenräume in Zukunft aus? Werden allgegenwärtige (transparente) Trennwände deren Bild prägen? Brauchen wir leistungsfähigere, intelligentere und hygienischere Materialien?
 

PROBLEMFELD FUNKTIONAL GETRENNTE STADT

Im Zusammenhang mit all diesen Fragen lohnt ein Blick in die Geschichte der Stadt, die heute nicht zum ersten Mal mit einer Pandemie konfrontiert ist. Allein der Spanischen Grippe erlagen um 1920 je nach Schätzung weltweit zwischen 20 und 50 Millionen Menschen. Das Bauhaus und die klassische moderne Architektur sind nicht zuletzt als direkte Antwort hierauf zu betrachten. „Licht, Luft und Sonne“ sollten damals in möglichst kurzer Zeit möglichst allen Menschen zugänglich gemacht werden. So entstanden nicht nur serielle gesunde Wohneinheiten aus vorgefertigten Bauteilen, sondern auch das bis heute in Architektur und Städtebau angewandte Prinzip der räumlichen Trennung von Wohnen und Arbeiten.

Doch die funktional getrennte Stadt führt zu weiten Wegen und damit zu einem hohen Verkehrsaufkommen mit krankmachenden Luft- und Feinstaubbelastungen. Sie erhöht außerdem den Flächenverbrauch und fördert das Entstehen monotoner Stadtteile. Nicht zuletzt entstanden Grundrisse, die in Wohnungen und Büros ebenso wenig Spielraum für Unvorhergesehenes bieten wie in Krankenhäusern oder in der Hotellerie. Und das in einer Zeit, in der die Unvorhersehbarkeit zum neuen Normalzustand geworden ist.

TRANSFORMATION DER LEBENS- UND ARBEITSWELT

Die Zukunft unserer gebauten Umwelt liegt trotz allem nicht in einem Schreckens-szenario aus Social Distancing und Räumen voller Desinfektionsstationen, Trennscheiben und strikt separierten Bewegungsflüssen. Sie liegt vielmehr in einer resilienten, intelligenten Architektur. „Unsere Architektur sollte […] die gleichen Eigenschaften wie das Virus aufweisen: anpassungsfähig, mobil, skalierbar und widerstandsfähig“, sagt der Berliner Architekt Gustav Düsing im Zusammenhang mit seinem Projekt einer mobilen Quarantäne-Station.

„Das Virus steht weder räumlich noch zeitlich still – an diesen beiden Bedingungen sollten wir uns architektonisch orientieren.“ In Bezug etwa auf Wohngebäude könnte das konkret heißen: Statt einer Vielzahl gleichförmiger, vor allem auf Single- und Kleinfamilienwohnen zugeschnittener Grundrisse brauchen wir größere multifunktionale, flexible Cluster. Sie lassen jene Veränderungen zu, die das Wohnumfeld auch während eines Lockdowns lebenswert machen – sei es durch den generationenübergreifenden Kontakt zu den Mitbewohnern oder durch die integrierten Arbeits-, Werk- und Gemeinschaftsräume. „Hätten wir stadtentwicklungs- und wohnungsbaupolitisch auf diese gesellschaftliche Transformation nicht nur der Arbeitswelt, sondern auch der Lebensmodelle bereits reagiert, wären wir architektonisch besser auf die Corona-Krise und den Lockdown vorbereitet gewesen“, schrieb der Mitherausgeber und Chefredakteur der Architekturzeitschrift „ARCH+“, Anh-Linh Ngo, letzten Sommer in der Wochenzeitung „Die Zeit“. Im Grunde brauchen wir keine neue Architektur, wir müssen lediglich jene integrativen Ideen umsetzen und weiterentwickeln, die viele Baugruppen und -genossenschaften, aber auch zahlreiche fortschrittliche Unternehmen schon seit Jahren leben.

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MULTIFUNKTIONALE ARCHITEKTUR

Die weltweit zunehmende Urbanisierung führt zwangsläufig zu einer Verdichtung der Städte und damit letztlich zu dem, was uns in Zeiten der Pandemie durch das enge Miteinander vieler Menschen zu schaffen macht. Das Corona-Virus wird die Urbanisierung deswegen jedoch ebenso wenig aufhalten können wie frühere Pandemien.

Stattdessen dürfte es aber als Katalysator zur Entwicklung intelligenter architektonischer Lösungen dienen. Homeoffice und Homeschooling in der Wohnung sowie Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln im Büro erfordern nicht zwangsläufig völlig neuartige Grundrisskonfigurationen. Manchmal reicht es schon, Zimmer durch zusätzliche Türen besser mit benachbarten Zimmern zu vernetzen, um bei Bedarf Nutzungsänderungen oder veränderte Bewegungsflüsse zu erleichtern. Einfache Maßnahmen wie diese führen – auch ohne Pandemie – zu multifunktional nutzbaren Räumen und Häusern und in der Folge zu multifunktionalen und lebenswerten Städten.

INTELLIGENTE MATERIALLÖSUNGEN

Neben Gebäudestrukturen können aber auch Materialien und Oberflächen einen wichtigen Beitrag zu einer gesünderen und resilienteren Lebens- und Arbeitsumgebung leisten. Dass es dabei nicht zwingend um chemisch und baubiologisch potenziell bedenkliche Beschichtungen gehen muss, zeigt das Beispiel Silberquarzit. Dieser Naturstein lässt dank des hohen Kieselsäuregehalts keine Besiedelung seiner Oberflächen mit Bakterien, Pilzen und Keimen zu und wird daher insbesondere in Nassbereichen mit hohen Hygieneanforderungen eingesetzt. Untersuchungen der Landesgewerbeanstalt Bayern an verschiedenen Gesteinsarten bestätigten lediglich dem als Negativkontrolle eingesetzten Material Glas eine vergleichbar effektive Wirkung. Ähnlich wie bei Silberquarzit führen auch Titandioxid-Beschichtungen durch den photokatalytischen Selbstreinigungseffekt zu antimikrobiellen Oberflächen. Diese Technologie kommt beispielsweise bei Glas, Wandfarben, Textilien, Dachziegeln sowie bei Keramik zum Einsatz.

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HYTECT TECHNOLOGIE

Bei der von Agrob Buchtal eingesetzten Oberflächenveredelung Hytect entsteht der antimikrobielle Effekt durch eine speziell für diese Anwendung weiterentwickelte Form von Titandioxid. Sie wird im Herstellungsprozess der Keramik bei großer Hitze aufgebracht und verschmilzt untrennbar und dauerhaft mit dem Material – im Gegensatz zu den meisten anderen Baustoffen mit solchen Beschichtungen wird Titandioxid hierbei in einer geschlossenen Oberfläche gebunden. Die durch mehrere ISO-Zertifikate bestätigte Wirkkraft ist vielfältig. Zum einen setzt die Hytect-Keramik im Zusammenspiel mit Licht und Sauerstoff auf natürliche Weise aktiven Sauerstoff frei, der das Wachstum von Schimmel, Viren und Bakterien direkt auf der Oberfläche hemmt. Gleichzeitig bildet Wasser auf dieser Keramik einen hauchdünnen Film, der Schmutz und Fette unterspült, weshalb diese Fliesen extrem leicht zu reinigen sind. Und schließlich aktiviert die Keramik natürliche Prozesse zur Reinigung der Luft z. B. von Stickoxiden und Gerüchen. All diese Eigenschaften machen das Material zum idealen Baustoff sowohl für bewitterte Gebäudehüllen als auch für eine Vielzahl von Innenräumen. Hygienische, leicht zu reinigende keramische Oberflächen werden dabei keineswegs nur in Küchen, Sanitärräumen, Schwimmbädern und Krankenhäusern benötigt. Sie sind auch überall dort gefragt, wo häufig viele Menschen aufeinandertreffen: in den öffentlichen Bereichen von Büros, Schulen und Behörden, aber auch in Restaurants, Hotels und Museen. 

GANZHEITLICHES DENKEN FÜR MEHR RESILIENZ

Welche Auswirkungen Titandioxid-Beschichtungen auf das Corona-Virus haben, ist wissenschaftlich noch nicht abschließend untersucht. Fest steht allerdings, dass solche intelligenten Materiallösungen zusammen mit einer ganzheitlichen Architektur auch jetzt schon dazu beitragen, flexiblere und resilientere Konzepte zu entwickeln – egal, um welche Nutzung es dabei geht. Unabhängig davon werden wir wohl nicht umhinkommen, mit dem gut hundert Jahre alten modernen Modell der Funktionstrennung in unseren Städten und Häusern zu brechen – ebenso wie mit dem eindimensionalen Denken in Bezug auf unsere Lebensmodelle. An ihre Stelle sollte stattdessen eine interdisziplinäre, vernetzende Welt der Kreisläufe treten, die uns durch die vergrößerten Spielräume nicht nur im Umgang mit Pandemien hilft, sondern zugleich die Gesellschaft als Ganzes stärkt. Dieser Ansatz ist nicht neu, doch jetzt – auch angesichts des Klimawandels – gibt es einen schlagenden Grund mehr, ihn tatsächlich umsetzen. 

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