Projekte
Deutschland

Schifffahrtsmuseum Kiel

STANDORT
Kiel, Deutschland
ARCHITEKT
Bass.Architekten
JAHR
2014
PRODUKTE
Valley

Multifunktionalität statt Fischhandel

Mit dem Ziel, den Fischhandel an einem zentralen Ort zu konzentrieren, initiierte die Stadt Kiel im Jahr 1908 die Errichtung einer Fischhalle unmittelbar am Hafenbecken an der Innenförde. Bereits zwei Jahre später öffnete ein markantes Bauwerk mit Spitzbogendach, reich verzierten Fassaden und zwei riesigen, im Hallenboden eingelassenen Seewasserbecken seine Pforten. Vergleichsweise hohe Standmieten bei gleichzeitig eher niedrigen Umsätzen, Platzmangel bei Fischauktionen und schließlich der 1948 an der Schwentinemündung eröffnete neue Seefischmarkt sorgten allerdings dafür, dass die Bedeutung dieses Handelsplatzes rasch abnahm und das Gebäude schon bald als Getreidelager sowie als Laden- bzw. Bürofläche genutzt wurde. Nachdem sie den Zweiten Weltkrieg fast unbeschadet überstanden hatte, drohte die Fischhalle Ende der 1960er-Jahre einem Parkhausneubau zum Opfer zu fallen. Dass sie seit 1972 – trotz des damaligen Widerstands der Stadt – bis heute Denkmalschutz genießt, ist engagierten Bauhistorikern und Bürgerinitiativen zu verdanken, deren Einsatz letztlich auch den Weg für das 1978 dort eröffnete Schifffahrtsmuseum ebnete.

Seit der 2014 nach Plänen des Architekten Günter Szymkowiak mit großer Sorgfalt und angenehmer Klarheit durchgeführten Generalsanierung erscheint das Gebäude nun in neuem Glanz. Im Mittelpunkt der Maßnahme stand – neben der Restaurierung der historischen Bausubstanz und der statischen Ertüchtigung des Tragwerks – insbesondere der Wunsch, den rund 700 m² großen Innenraum in einen Zustand zu versetzen, der einen zeitgemäßen Museumsbetrieb ermöglicht. Dabei ging es keineswegs nur um die adäquate Präsentation der umfangreichen Sammlung zur maritimen Geschichte Kiels, sondern insbesondere um die Einbeziehung des Gebäudes als gleichsam wichtigstes und größtes Exponat. Darüber hinaus sollte das Innere der Fischhalle zugleich Assoziationen an die ursprüngliche Gebäudenutzung wecken.

Um die frühere Anmutung des Gebäudes auch im Fußbodenbelag wieder aufleben zu lassen, wurden zunächst die Ende der 1970er-Jahre eingebrachten roten Klinker entfernt und im Bereich der Mittelachse durch den Restbestand an noch erhaltenen Original-Granitplatten ersetzt. Für alle anderen Bereiche (Ausstellungsflächen, Cafeteria, Museumsshop, neue Sanitäranlagen etc.) galt es eine Lösung zu finden, die einerseits mit der Farbigkeit, der Haptik und der selbstverständlichen Natürlichkeit des Granitbodens korrespondiert, andererseits aber auch robust, strapazierfähig und leicht zu reinigen sein sollte. In diesem Zusammenhang diskutierten die Planer, die Denkmalschutzbehörde, die Museumsleitung und die städtische Immobilienwirtschaft unter anderem Lösungen aus Linoleum bzw. aus Naturstein, die jedoch allesamt nicht zur Ausführung kamen, weil sie nicht zum gewünschten Raumeindruck geführt bzw. den Kostenrahmen überstiegen hätten.

Die nach ausführlichen Bemusterungen für sämtliche neuen Fußböden gewählten großformatigen Fliesen der Serie Valley von Agrob Buchtal lassen gestalterisch einheitliche Ausstellungsflächen entstehen – kleinteilige Fliesenformate kamen von Anfang an nicht infrage, weil sie den Innenraum optisch wie eine Schwimmhalle hätten erscheinen lassen. Der heutige Bodenbelag bildet dank der durchgängig eingesetzten Großformate mit 60 x 120 cm und den nur drei Millimeter schmalen Fugen einen gleichermaßen dezenten wie eleganten Rahmen für die Ausstellungsstücke: leichte Segelbootmodelle und große Ölgemälde, aber auch ein U-Boot-Fragment sowie ein 12 Tonnen schwerer Schiffsmotor. Für eine mit dem eher groben und unregelmäßigen Granitplattenbelag harmonisierende Optik sorgen dabei nicht nur die natürlichen Rohstoffe der Fliesen (farbige Tonminerale und Erden), sondern auch der Farbton „Erdbraun“ sowie das für dieses Feinsteinzeugprodukt typische erdige Relief mit vielfältigen feinkörnigen Strukturverläufen.

Im Einklang mit der Ästhetik und der heutigen Museumsnutzung, aber auch mit der ursprünglichen Bestimmung des Altbaus stehen die Bodenfliesen nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Robustheit, Strapazierfähigkeit und Wasserbeständigkeit. So dient die werkseitig auf die Fliesen aufgebrachte Protecta-Vergütung gleichsam als Fleckschutz, der die Unempfindlichkeit gegenüber Schmutz erhöht und mühsame nachträgliche Imprägnierungen überflüssig macht. Damit sind die Fliesen wesentlich unkomplizierter zu reinigen als etwa die originalen Granitplatten der alten Fischhalle, die einst nach jeder Fischauktion mit viel Wasser abgespritzt und gereinigt werden mussten, um den hygienischen Anforderungen zu genügen. Nicht zuletzt durch den neuen Bodenbelag entstand ein multifunktional nutzbarer Raum, der sich als Hintergrund für unterschiedlichste Aktivitäten, Veranstaltungen und Events versteht. Dass selbst die Vorstellung leicht fällt, hier eines Tages wieder einen Fischmarkt zu eröffnen, spricht für die hohe gestalterische und konzeptionelle Qualität der Generalsanierung, die wiederum dafür gesorgt hat, dass sich das Kieler Schifffahrtsmuseum heute größter Beleibtheit erfreut.

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Fotograf: Daniel Sumesgutner

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